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Wie erleben wir Interaktion? Wie kommen die Bewegungen unserer Hand an der Maus und die bewegten symbolischen Darstellungen auf einem Bildschirm zusammen, um als einheitliche Handlung erlebt zu werden: etwas anklicken? Und wie bekommt dieses Etwas seine Gestalt?
Ausgehend von dieser Frage entwickelt die Arbeit einen neuen Blick auf das Interagieren, der sich wesentlich auf den Feedbackbegriff und die Kybernetik stützt. Dazu wird einerseits die Geschichte der Kybernetik als Vorgeschichte des interaktiven Rechnens selbst rekonstruiert, andererseits wird kybernetisches Denken für ein Verstehen von Interaktion reaktiviert. Unter Bezugnahme auf die akademische Human-Computer Interaction, sowie Technik- und Wissenschaftsgeschichte, Medienwissenschaften und Semiotik, aber auch auf empirische Psychologie und künstlerische Praxis, entsteht so ein Verständnis von Interaktion, das als Kritik an kognitionswissenschaftlichen Theorien der Interaktion, sowie auch am Vorwurf einer Konditionierung durch Interaktion zu verstehen ist, wie ihn Medienkunst oder Medienwissenschaften formulieren. Zugleich funktioniert dieses Verständnis als Ergänzung zu Theorien „direkter Manipulation“ oder „greifbarer Schnittstellen“, als Einbeziehung post-kognitivistischer Positionen wie „Embodiment“ und „Enactivism“ in den Interaktionsdiskurs, und schließlich als mögliche Antwort auf die Frage, wie körperliche Aktivität und Wahrnehmung beim Interagieren zusammenkommen, um dabei die Gegenstände der Interaktion erst zu erzeugen.
Interaktion, so das Fazit der Arbeit, erzeugt Schnittstellen.
Flüchten und Flehen
(2016)
Stoffe sind aktiv und können etwas tun. Sie stehen in Austausch mit ihrer Umgebung, mit der sie zusammen agieren und sich oder andere transformieren. Die Plastische Kunst muss sich der Tatsache stellen, dass Stoffe nicht mehr nur als passiv eingestuft werden können und bloss Empfänger menschlicher Formvorstellungen sind. Durch die Anerkennung materieller Aktivität kann das Repertoire der Kunst beträchtlich erweitert werden. Allerdings führt dies auch zu komplexeren Arbeits-, Teilnahme- und Rezeptionsprozessen.
Die Dissertation entwickelt die theoretischen Grundlagen für ein Paradigma der materiellen Aktivität in den Plastischen Künsten vor dem Hintergrund eigener, intensiver Kunstpraxis. Sie thematisiert die Auswirkungen auf das Denken, Vorstellen und Handeln mit aktiven Stoffen durch Kunst. Ziel ist ein konzeptuelles Werkzeug für die künstlerische Produktion und ihre Rezeption. Dafür bietet sie disziplinenübergreifende Auseinandersetzungen mit aktuellen Material- und Stoffauffassungen, beschäftigt sich mit dem Austausch zwischen Imagination und stofflicher Umgebung und entwickelt einen Leitfaden zu verschiedenen Spielformen des Aktiv-Werdens und -Bleibens materieller Komponenten. Dabei werden sowohl konkrete materielle Aktivitäten als auch emergente Phänomene aus dem Zusammenspiel zwischen Stoffen und Imagination behandelt. Zahlreiche Beispiele helfen etwa beim Umgang mit den Ebenenspielen der Materialität, während neue Arbeitsweisen wie die "Konversation" oder die "Mangel der künstlerischen Praxis", den Umgang mit Stoffen als Partnern ermöglichen.
In der vierten Vorlesung beschäftigt sich Hans Ulrich Reck mit den folgenden Stichpunkten: Rückblick auf die Dechiffrierung von Piero della Francescas Bild 'Geißelung Christi' durch Carlo Ginzburg; Beuys und einige Grenzüberschreitungen – Kunst, Technik, Wissenschaft; Propaganda, Diskurs, Missionierung, Engagement, Kunst und politische Kontexte; die permanente Kommentierung des künstlerischen Werkes; Vergegenständlichung und Entfremdung; Wiederaneignung von Formen der Lebendigkeit; Kunsttheorie als Theorie künstlerischer Praktiken und Methoden; Hinweis auf die Aktion von 1965 'Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt' – theoretische Erörterungen als immanente Dimension des Werkes (am Bsp. der 'Honigpumpe' in Kassel); "man sieht, was man sieht" vs. "man sieht, was man weiß"– kommunikative und andere Funktionen; Kritik der Kommentarbedürftigkeit der Kunst (Arnold Gehlen); Ent-Gegensetzung: die 'soziale Plastik' von Joseph Beuys; Aufbrechen des Werkes in Richtung auf Prozesse, Verlebendigung der allegoretisch eingefrorenen toten Gedanken in Wahrnehmung und offener Erfahrung; Hinweis auf die Diskussion zwischen Beuys, Kounellis, Kiefer und Cucchi (1986; Verlag der Zeitschrift 'Parkett'); Piero della Francesca und Joseph Beuys als prototypische, exemplarische, aber v.a. beispielgebende Exponenten ihrer Zeit, die ikonologischen Tendenzen konzentrierend.
Bildbeispiele und ein Bildverzeichnis für die Vorlesungen 3 und 4 finden sich gesammelt in den Dateien der VL 3.