WERKE, WEGE, SCHNITTE, CODES - Dispositionen einer Geschichte der bildenden Künste im medialen Kontext VL 00
- Prof. Dr. Hans Ulrich Reck 8. 6. 2003 Kunsthochschule für Medien Köln Kommentierte Lehrveranstaltungen Wintersemester 2003/ 4 Basisseminar Grundstudium: Geschichte der Künste im medialen Kontext/ Geschichte der bildenden Kunst, zugl. Vorlesung offen für Gasthörer MI 10 30 bis 12 30 Overstolzenhaus, Aula WERKE, WEGE, SCHNITTE, CODES - Dispositionen einer Geschichte der bildenden Künste im medialen Kontext Bemerkenswert, daß 'Kunst' als ein hochkulturelles Gut erst in der europäischen Neuzeit entstanden, entsprechend bewertet, dann aber dauerhaft so codiert worden ist. In einem epochal bedeutsamen Wandlungsprozeß wird die Selbstermächtigung 'freier Künstler' parallel zu den der Beobachtung, Überprüfung und dem Experiment verpflichteten Wissenschaften möglich. Die Werke der bildenden Künste haben vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert eine prominente Funktion und stehen im Brennpunkt des gesellschaftlich Imaginären. Das ändert sich schockartig im Jahrhundert der Fotografie, welches auch die Aera der Marginalisierung der Kunst ist. Radikalisierte Experimente, der Hang nach Ausweitung der Materialgrundlagen und nach einer intensiven Vernetzung der Künste, Gattungen und Sparten, die Manipulierung der Kontexte und Bedinungen, aber auch vielfältiges intuitives bis konzeptuelles Hantieren mit den jeweiligen sogenannten 'neuen Medien' antworten darauf. Der Avantgardismus feiert Triumphe und höhlt sich selber aus. Die Avantgarden kommen und gehen - nur die Markierung ihrer Wege auf der Karte der Sensationierungen, Provokationen und Evokationen bleibt eingeprägt. Die Lehrveranstaltung betreibt keine isolierte Darlegung der Werke, Konzepte und Stile. Sie verfolgt auch keine Chronologie. Das Feld der Künste verläuft nicht diachron, sondern synchron mittels Ungleichzeitigkeiten, die sich zur komplexen und hochstufigen Erzeugung von Aufmerksamkeit verdichten. Die Manipulation und Modellierung des Rezipienten gehört deshalb zum Kerngeschäft der bildenden Künste. Genau so wie das Spiel mit Funktion und Funktionsverweigerung der Künste, das Problem des Gesamtkunstwerks in Barock, 'Jugendstil', Maschinenkunst und Techno-Ästhetik, der Konflikt von E und U, die Kollisionen von Kunst und Massenkultur, die wechselseitige Durchdringung von Kunst und visueller Kommunikation, die Allianzen von Kunst und Technik, die Assoziativität zwischen Kunst und Wissen. Die Lehrveranstaltung widmet sich der Einführung in die Geschichte der bildenden Künste in ihren medialen Kontexten auf vielfältige Weise. Ausgewählte Werke, markierte Wege, methodisch präsentierte Schnitte sondieren das Terrain. Die Untersuchung der Codes, der Widerstreit der Rhetoriken und insbesondere die ihre Entstehungsbedingungen sprengende Kraft der Künste und ihrer Werke interessieren besonders. Von Fall zu Fall und eingehend wird das Zusammenspiel von Wissenschaft, Alltag, Apparaten, Kunst, Rhetorik, Ikonographie und Ikonologie, von Wissenssystem, Erkenntnisinteressen und Lebenswelt, kurzum von Imaginärem, Realem und Symbolischem untersucht. Dabei steht in jeder Vorlesung ein Werk im Brennpunkt, das als Beispiel, Disposition und Medium von Diskursen erörtert wird. Beispiele aus der Liste der Werke und Möglichkeiten: Piranesis Gefängnisimagination/ der Realismus von Francisco de Goya y Lucientes, John Heartfield, Gustave Courbet und Bruce Nauman/ die Kathedrale/ der französische Herrschaftsgarten/ der Bilderatlas zur Motivgeschichte der Menschheit von Aby Warburg/ der Tempel von Paestum/ Picassos Kampfbild zur Vernichtung von Guernica/ Gian Lorenzo Berninis Umgestaltung Roms mit San Pietro/ das unsichtbare Werk der Konzeptkunst/ Michael Heizers Schnitte in der Wüste von Nevada und die land art/ die Zwischensphäre von Design, Skulptur und bildender Kunst bei Siah Armajani/ die zirkulären Video-Ikonen von Nam June Paik und Bill Viola/ die jüngere Vergangenheit der 'interaktiven Kunst', basierend auf digitalen Steuerungsapparaten/ Sozialutopie und Sinnlichkeitstheologie in Joseph Beuys' 'Schneefall'/ Paul Cézannes Berg/ die Null-Ikone von Kasimir Malewitsch/ der Stadtgrundriss von Palma Nova/ ein LP-Cover der Beatles und eines von Frank Zappa. Gefordert und erwartet wird mental wirksame Präsenz. Leistungsscheine werden vergeben für die Verfertigung einer Semesterarbeit zu einem begründeten eigenen Thema im Gebiet der Vorlesung nach Vorlage einer Disposition. Die Wahrung der notwendigen Zeiträume obliegt den Studierenden. Man berücksichtige eine Frist von mindestens 6 Wochen zwischen der Abgabe einer sprachlich korrekt und inhaltlich anspruchsvoll ausgearbeiteten, unter Umständen in mehreren Schritten zu revidierenden Semesterarbeit und der Anmeldung für das Vordiplom.
Author: | Hans Ulrich Reck |
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URN: | urn:nbn:de:hbz:kn185-opus4-7232 |
Series (Serial Number): | Audiolectures (08,00) |
Document Type: | Lecture |
Language: | German |
Year of Completion: | 2003 |
Release Date: | 2025/04/29 |
Licence (German): | ![]() |